[slideshow_deploy id=’8184′]Berlin ist eng mit jüdischem Leben verbunden. Jüdisches Leben in Berlin Mitte findet sich an vielen Orten des Bezirks. Viele kennen sicher die schöne Neue Synagoge an der Oranienburger Straße, aber es gibt noch viel mehr zu entdecken. Kommt mit mir mit auf eine Radtour über Jüdisches Leben in Berlin Mitte. Los geht es am Alexanderplatz. Auf der Leipziger Straße radelte ich zum Nikolaiviertel. Genauer gesagt zum schönen Epharim Palais.
Ephraim Palais
Heute ist es teil des Stadtmuseums Berlin, gehört aber bis 1823 dem Kaufmann Veitel Heine Ephraim und seiner Familie. Er erwarb das Gebäude 1762 nd ließ es bis 1769 aufwendig umbauen. Ephraim gehörte zu den so genannten Schutzjuden des Königs Friedrich II., die viele Privilegien genossen. Als wohlhabender Händler und Bankier hatte er König Friedrich II. immer wieder Geld geliehen und sich dadurch das Wohlwollen des Königs gesichert. Später finanzierte er zu einem großen Teil die Feldzüge Friedrichs. Einen Teil seines Vermögens investierte er in Fabrikationsstätten und Manufakturen und förderte so nachhaltig die Wirtschaft Berlins. Das Palais blieb bis 1823 in Familienbesitz.
Von dort ging es weiter durch das Nikolaiviertel über die Spandauer Straße weiter zur Rosenstraße. An der Kreuzung Spandauer/Karl-Liebknecht-Str. befindet sich ein Denkmal von Moses Mendelssohn, über den man noch öfter auf dieser Radtour stolpern wird.
Rosenstraße
Etwas unscheinbar gelegen zwischen Hakescher Markt und Alexanderplatz befindet sich die Rosenstraße. Hier befand sich bis zur Zerstörung im Zweiten Weltkrieg die Alte Synagoge. Heute erinnert das Denkmal „Frauenprotest 1943″ an den Rosenstraßen-Protest von 1943. Ende Februar/Anfang März protestierten „arische“ Ehepartner aus sog. „Mischehen“ sowie andere Angehörige von inhaftierten Juden in Berlin, dass diese freizulassen sind. Hintergrund war die sogenannte „Fabrikaktion“, bei der die noch verbliebenen Juden Berlins verhaftet wurden und in Sammellager gebracht worden. Unter den Verhafteten befanden sich zahlreiche Partner aus Mischehen. Diese ca. 2000 Personen wurden aussortiert und in die Rosenstraße 2-4 gebracht, das ehemalige Gebäude der Behörde für Wohlfahrtswesen und Jugendfürsorge der Jüdischen Gemeinde. Zahlreiche Ehefrauen der Inhaftierten protestierten vor dem Gebäude und verlangten deren Freilassung. Einige wurden zunächst in unterschiedliche Konzetrationslager gebracht. Es wird jedoch berichtet, dass viele wieder freigelassen wurden und zur Zwangsarbeit verpflichtet wurden.
Vort dort radelte ich weiter zum Haus Schwarzenberg.
Haus Schwarzenberg
Dieser schöne Hinterhof am Hackeschen Markt ist Heimat von gleich 2 jüdischen Museen: Das Anne Frank Zentrum sowie das Museum Blindenwerkstatt Otto Weidt.
Das Anne Frank Zentrum´in Berlin ist das deutsche Pendant des Anne Frank Hauses in Amsterdam. Mit Ausstellungen und diversen Bildungsangeboten erinnert das Zentrum an Anne Frank und ihr Tagebuch. Es gibt eine Dauerausstellung sowie Wanderausstellungen in ganz Deutschland. Das Museum Blindenwerkstatt Otto Weidt erzählt die Geschichte der Blindenwerkstatt Otto Weidt. Während des Zweiten Weltkrieges beschäftigte der Kleinfabrikant Otto Weidt überwiegend blinde und gehörlose Juden. Es wurden Besen und Bürsten hergestellt. Es unternahm Bemühungen, seine jüdischen Arbeiter*innen vor der Deportation zu schützen. Er suchte für einige auch Verstecke. Eines davon befand sich in den Räumen des heutigen Museums.
Weiter ging es über die Sophienstraße auf die Große Hamburger Straße.
Große Hamburger Straße
Jüdisches Leben in Berlin Mitte findet sich besonders in der Großen Hamburger Straße. Hinter der schönen Sophienkirche befindet sich rechter Hand ein gelbes Gebäudeensemble. Das Haus mit der Nr. 15/16 besticht durch seine gelbe Farbgebung, die schon sehr ungewöhnlich für diese Straße ist. Vor dem Zweiten Weltkrieg lebten in diesem Viertel zahlreiche Menschen unterschiedlicer, sozialer Schichten Seite an Seite. Vor allem viele aus dem Osten eingewanderte Juden lebten hier. Der französische Künstler Christian Boltanski errichtete an dieser Stelle das Mahnmal „The Missing House“, mit dem er an die ehemaligen Bewohner*innen dieses Hauses erinnert.
Schräg gegenüber befindet sich die ehemalige Jüdische Knabenschule. Heute beherbergt es das Jüdisches Gymnasium Moses Mendelssohn. Direkt dahinter befindet sich der Jüdische Friedhof. Der älteste, urkundlich erwähnte Jüdische Friedhof in und bei Berlin. Von 1672 – 1827 wurden hier 12.000 Menschen beigesetzt. 1786 wurde Moses Mendelssohn hier beerdigt. Auf Anweisung der Gestapo wurde diese Stätte 1943 zerstört. Nach Kriegsende wurden nochmals ca. 2.500 Kriegsopfer aus den umliegenden Straßen beigesetzt.
Daneben erinnert eine Gedenktafel ebenfalls an ein Jüdisches Altersheim, welches sich an dieser Stelle befand. Es wurde Mitte des 19. Jahrhunderts gegründet und ab 1941 als Sammellager weitergeführt. Über 50.000 Jüdische Mitbürger*innen wurden von hier aus deportert. 1945 wurde es zerstört. An der Stelle des Altersheims steht seit Mitte der 80er Jahre ein Mahnmal mit einer Figurengruppe. Diese war ursprünglich für die Gedenkstätte Ravensbrück vorgesehen und erinnert nun an die Juden, die von hier in den Tod deportiert wurden.
Von dort radelte ich weiter zur Museumsinsel.
James Simon Galerie
James Simon war Unternehmer, Förderer der Berliner Museen sowie Gründer und Finanzier zahlreicher wohltätiger Einrichtungen. Es ist sehr eng mit den Museen Berlins verbunden, da er die berühmte Porträtplastik der Nofretete dem Ägyptischen Museum in Berlin übereignete. Er war jüdischen Glaubens und starb 1932 im Alter von 80. Von hier ging es weiter zur Dorotheenstadt.
Jägerstraße
In der Mitte der Jägerstraße befindet sich das Haus Mendelssohn. Die Inhaber des Bankhauses Mendelssohn & Co waren Nachfahren des Kaufmanns und Philosophen Moses Mendelssohn. Sie zeichneten sich durch ihren wirtschaftlichen Erfolg, aber auch durch musische und wissenschaftliche Interessen aus. Der Sohn des Bruders des Bankiers, Felix Mendelssohn Bartholdy, wurde ein berühmte deutscher Komponist, Pianist und Organist. Heute beherbergt es ein Museum. Die Ausstellung zeigt die spannungsvolle Geschichte der Bank und das Leben der Mendelssohn-Bankiers.
Von dort radelte ich vorbei am Gendarmenmarkt zum Holocaust Mahnmal.
Holocaust Mahnmal
Auf der linken Seite (Ecke Hannah-Ahrendt-Str.) befindet sich das Holocaust-Mahnmal des jüdischen Architekten Peter Eisenman. Man kann davon halten, was man möchte. Ich für meinen Teil war schon mehrmals „drin“. Und wenn man dann dort in der Mitte auf leicht abschüssigen Untergrund steht, das Sonnenlicht durch die hohen Stelen nur teilweise durchkommt, man den Ausgang nicht mehr richtig sehen kann und es irgendwie kälter zu sein scheint als noch eben „draußen“, denke ich, dass genau diese beklemmende Wirkung erzielt werden sollte. Schließt euer Fahrrad an und geht zu Fuß durch, ihr werdet sehen, was ich meine…
Weiter durch das Brandenburger Tor, über den Pariser Platz zum Bahnhof Friedrichstraße.
Züge in das Leben – Züge in den Tod
Das Denkmal „Züge in das Leben – Züge in den Tod“ ist eine von fünf Skulpturen über die Kindertransporte von 1938–39. Sie wurde errichtet vom Zeitzeugen Frank Meisler. Das Denkmal stellt zwei farblich unterschiedliche Kindergruppen dar. Es werden so Abfahrten der Kinder in das Leben und in den Tod symbolisiert. Die Kinderskulpturen links im Bild erinnern an jene Kinder, die mittels Kindertransporten ohne Eltern in fünfzehn Länder überlebten und außerdem an alle Kinder, die in Verstecken dem Schrecken der Nationalsozialisten entgehen konnten. Das gesamte Ensemble erinnert aber auch an die mehr als 1,5 Millionen jüdischen Kinder sowie Kinder von Sinti und Roma, Kommunisten und Sozialdemokraten, die der Slawischen Völker und durch Euthanasie ermordet wurden.
Von dort fuhr ich weiter zum Scheunenviertel.
Scheunenviertel
Über den Weidendamm und die Tucholskystraße ging es ins Scheunenviertel. Das Zentrum Jüdischen Lebens in Berlin Mitte. In der Tucholskystraße 9 steht das Leo-Baeck-Haus, der Sitz des Zentralrates der Juden in Deutschland seit 1999. An der Oranienburger Straße thront die schöne Neue Synagoge. Sie wurde 1866 eingeweiht. Der noch vorhandene Teil des Bauwerks steht unter Denkmalschutz. Nach aufwendigen Restaurierungen wurde sie 1995 wiedereröffnet, jedoch nicht wieder eingeweiht.
Lies auch: Spaziergang durch die Höfe in Berlin Mitte
Weiter entlang der Tucholskystraße befindet sich an der Hausnummer 40 die Israelitische Synagogen-Gemeinde (Adass Jisroel) zu Berlin, die 1869 als Gegenbewegung zur reformorientierten Jüdischen Gemeinde zu Berlin gegründet wurde.
Weiter auf der Augustraße. Direkt vorn befindet sich rechter Hand ein rotes Backsteingebäude. Eine Gedenktafel zeugt von der ehemaligen Nutzung. Der Baumeister der Jüdischen Gemeinde Berlin, Alexander Beer, errichtete an dieser Stelle zwischen 1927 und 1930 eine Mädchenschule. In der Progromnacht 1938 wurde das Gebäude beschädigt und 1942 geschlossen. Die meisten Schülerinnen kamen im Holocaust ums Leben. Fast daneben steht ein Lost Place mit einer kleinen Gedenktafel. Hier befand sich das Kinderheim Ahawah (hebräisch: Liebe), welches seit 1922 in diesem Gebäude beheimatet war. Anfang der 30er Jahr emigrierte ein Teil der Kinder und Erzieherinnen nach Palästina. Die Spuren der restlichen Kinder verlieren sich im Zweiten Weltkrieg. Ab 1941 wurde es von der Gestapo als Sammellager für alte und kranke Menschen jüdischen Glaubens genutzt, die von hier deportiert wurden.
Wer hier eine Pause einlegen möchte, dem sei ein Besuch des Museumscafés Bravo im KW Institute for Contemporary Art auf der anderen Seite empfohlen. In dem schönen Innenhof kann man im Sommer wunderbar draußen sitzen. Man sitzt in historischem Ambiente in einem für Berlin so typischen Hinterhof. Und auch wenn es auf der Auguststraße manchmal trubelig zugehen mag, hier merkt man davon nichts. Das Café ist ohne Eintritt zugänglich.
Über die Auguststraße und Gipsstraße geht es zurück zum Alexanderplatz.
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Fahrradkurier Berlin
Total Klasse Beschreibung… wir waren an ein paar beschriebenen Orten und dann noch bei Schmitzkes Bäckerei…
Grüße den Fahrradkurieren
Tine
Sehr cool!